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Gesamte Inhalte:

© Dr. Christoph Paul Stock

 

4.1.4 Polytelie

 

Unter Polytelie (Vielzieligkeit) versteht man Problemlösungssituationen, zu deren Lösung nicht nur ein einziges Ziel, sondern mehrere, möglicherweise sich widersprechende Ziele verfolgt werden müssen. Dabei nehmen Zielkonkurrenzen oder auch Zielantinomien zu, je konkreter die Ziele formuliert werden. Auf einer abstrakten Ebene ist eine Zielabstimmung oft noch leichter möglich als auf einer detaillierteren.

Um mit Vielzieligkeit umgehen zu können, muss daher ein Problemlöser Informationen auf mehreren Ebenen bewerten und eine differenzierte Zielstruktur aufbauen. Jede Variable, die zusätzlich zu optimieren ist, fügt dem übergeordneten Ziel ein untergeordnetes Ziel hinzu, wodurch sich der Lösungskorridor zulässiger und optimaler Lösungen verringert. Bringt man zB zwei Kriterien optimiert in eine Abstimmung, kann ein weiteres hinzutretendes Kriterium die gefundene Lösung schon wieder in Frage stellen. Mit jedem weiteren Kriterium erhöhen sich die Komplexität und damit auch die Wahrscheinlichkeit einer gescheiterten Suche nach einer optimalen Lösung. Stellt man fest, dass die Suche nach einer optimalen Lösung höchstwahrscheinlich nicht erfolgreich sein wird, müssen Zielkriterien zum Zweck der Relaxation der Problemlösungssituation durch unterschiedliche Prioritäten ausgesteuert werden, da es in vielen Fällen nicht möglich ist, Entscheidungen aufzuschieben, bis bessere Voraussetzungen für eine Lösung der Zielkonflikte gegeben sind.[1]

Ein solches Vorgehen mit unterschiedlich priorisierten Zielkriterien versucht Reinhard Selten in seiner „Aspiration Adaption Theory“ zu beschreiten, die zwar empirisch noch nicht validiert ist, aber viele neue Ideen in die empirischen Untersuchungen eingebracht hat. Diese Theorie verwendet ein Vektorensystem in einem Zielbewertungsschema, das an die Stelle einer Präferenzordnung, wie sie in klassischen Entscheidungstheorien verwendet wird, tritt, und nimmt keine globale, sondern eine lokale und prozedurale Präferenzbildung vor, die Zielunverträglichkeiten und limitierte Entscheidungsressourcen bei der Zielbewertung genauso berücksichtigt wie qualitative auf einen angemessenen Optimismus abstellende Erwartungshaltungen für die Suche nach Alternativen und für die Bewertungen risikobezogener Faktoren.[2]


[1] Vgl. bei: Funke, J.: Problemlösendes Denken, 1. Auflage, W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart, 2003, S. 133 f
[2] Vgl. in: Gigerenzer, G/Selten, R. (Hrsg.): Bounded rationality: The adaptive toolbox, The MIT Press, Cambridge, 2001, S. 18 ff
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