
K O N T A K T

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© Dr. Christoph Paul Stock
5.3.7 Framing-Effekt
Viel hängt von der Art und Weise ab, wie Inhalte vermittelt und transportiert werden. Ein Glas kann halb voll oder halb leer sein. Spricht man von einem halb vollen Glas, entsteht durch den Begriff „voll“ schon ein Gefühl von Fülle. Nicht anders aber umgekehrt ist es beim Begriff „leer“. Dieser „Framing-Effekt“, der mit der Darstellungsweise von Gegenständen oder Themen zusammenhängt, lässt uns unsicher werden, wenn davon die Rede ist, dass ein Kondom in 5 Prozent der Fälle nicht schützt, beruhigt uns aber, wenn beim Schutz gegen Aids mit dem Kondom eine 95-prozentige Sicherheit gewährleistet werden kann. Prozentzahlen verwirren Menschen überhaupt. Man sollte daher eher absolute Zahlen verwenden, um Menschen auf ein Risiko aufmerksam zu machen. Die Mortalität bei einem Kontakt mit einer chemischen Substanz in der Größe von 0,000001 Prozent sagt uns gar nichts. Ist aber die Rede von 10 toten Menschen aus einer Gruppe von 10 Millionen Menschen wird die Sache greifbarer.[1] Ein breites Anwendungsfeld für Framing gibt es in der Geschäftswelt. Ein Kleidungsstück, das in einem Geschäft von € 100 auf € 80 heruntergesetzt wurde, wirkt günstiger als das gleiche Kleidungsstück zum regulären Preis von € 80 in einem anderen Geschäft. Die Bezahlung in bar sollte einen Bargeldrabatt bieten und keine Ersparnis des Aufpreises für die Verwendung einer Kreditkarte.[2] Der „Framing-Effekt“ erlaubt es, Gesichtspunkte zu stärken und zu schwächen. Geschickt genutzt, kann man so auf wichtige Entscheidungen bedeutenden Einfluss nehmen.[3] Dadurch können Menschen aber auch in die Irre geführt werden und falsche oder bedenkliche Entscheidungen treffen, wie dies eine Untersuchung von Tversky u. Kahneman, die im Abschnitt zur „Prospect-Theory“ schon erwähnt worden ist und im Zusammenhang mit der unterschiedlichen Formulierungen von Präventionsstrategien gegen hypothetisch tödliche Krankheiten steht, gezeigt hat (siehe Kapitel 2.5).
Fokussiert sich die Darstellung auf einen positiven „Frame“ mit Bezug auf die Leben, die mit Hilfe einer Präventionsstrategie gerettet werden können, entscheiden sich Menschen anders als wenn der negative Aspekt betont wird, dass viele Menschen sterben müssen. Dies ist in einem so ernsten Fall wie einer Epidemie ausgesprochen problematisch, weil die Entscheidung in einer solchen Situation wohl nicht von der Formulierung der Problemlage abhängen sollte, sondern von den objektiven Rahmenbedingungen, die unabhängig von den Formulierungen besteht. Die unterschiedliche Formulierung führt zu den unterschiedlichen Präferenzen bei der Wahl der Entscheidung. Menschen bewerten im Sinn der „Prospect-Theory“[4] Gewinne und Verluste unterschiedlich und tendieren dazu, Verluste als erschütternder zu erleben als Gewinne. Wird also nur ein Frame zur Verfügung gestellt, besteht eine große Gefahr, dass falsche Entscheidungen getroffen werden. Es zeigte sich in weiteren Untersuchungen, dass der „Framing-Effekt“ auch dann fortbesteht, wenn finanzielle Reize vorgesehen sind. Die manipulative Wirkung des „Framing-Effekts“ ist stark und oft unausweichlich.[5]
Die Auswirkungen der unterschiedlichen „Frames“ reduziert sich aber oder kann sogar eliminiert werden, wenn Menschen ausreichend glaubwürdige Informationen zur Verfügung gestellt bekommen.[6]