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Beschreibung lebensfähiger Systeme in Anlehnung an das Viable System Model  (VSM) von Stafford Beer

 

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Gesamte Inhalte: © Dr. Christoph Paul Stock

 

Die Vorliebe für kleingliedrige Strukturen

 

Das konstruktivistisch-technomorphe Denken ist aber nicht nur im Zusammenhang mit Strukturen und Prozessen detailverliebt, sondern auch im Umgang mit Menschen. Wir können als Menschen nicht umhin, bestimmte Personen sympathischer als andere zu finden, uns in der Gegenwart mancher Personen wohl und in der Gegenwart anderer Personen unwohl zu fühlen. Führungskräfte erkennen rasch, wer sie unterstützt, wer ihnen eher neutral gegenüber eingestellt ist und wer sie kritisiert oder sogar angreift. Unter Kolleginnen und Kollegen oder Mitgliedern in einem Familiensystem ist das nicht anders. Unsere Interaktionen sind daher von Vorlieben und Abneigungen bestimmt, denen man sich nur schwer entziehen kann. Emotionen und Leidenschaften sind mächtig und kaum unter Kontrolle zu halten. Die Details eines sozialen Beziehungsgeflechtes können rasch dazu führen, dass Entscheidungen nicht auf Grundlage von objektiven Kriterien, sondern im Kontext von Unterstützungsstrukturen und Seilschaften getroffen werden. Man tut dann nicht, was das Beste für ein System, ein Unternehmen oder eine Familie ist, sondern das, was sich aus der Dynamik eines detaillierten Beziehungsgeflechtes heraus ergibt. Die Chefin bzw. der Chef wählt eher jenen Vorschlag, der von ihren oder seinen Lieblingen vorgeschlagen wurde. Die Kollegin oder der Kollege unterstützt einen Vorschlag, um einer anderen Person, mit der es einen Streit gegeben hat, etwas entgegensetzen zu können. Eltern fördern stärker jenes Kind, das sich entsprechend ihren Vorstellungen und Wünschen entwickeln und benachteiligen jenes, das einen anderen und eigenständigen Weg geht. Der konstruktivistisch-technomorphe Ansatz neigt dazu, sich in einem personenbezogenen Beziehungsrahmen zu bewegen. In diesem Rahmen ist Protektion ein ständiges Problem. Es wird uns nicht gelingen, aus diesem Beziehungsrahmen auszusteigen. Was aber erreicht werden kann, ist eine gestärkte Wahrnehmung für den Gesamtkontext, in dem man sich bewegt und in dem sich menschliche Beziehungen abspielen. Man kann sich nicht von den eigenen Vorlieben und Abneigungen befreien. Man kann aber ein Bewusstsein für diese Vorlieben und Abneigungen entwickeln. Je weniger uns der Kontext bewusst ist, umso mehr haben uns die unbewussten Strukturen im Griff. Daher reicht es z.B. nicht aus, einfach nur zu behaupten, man würde lediglich auf Grundlage von wirtschaftlichen oder technischen Überlegungen entscheiden. Im Hintergrund spielen psychische Zusammenhänge mit Sicherheit eine Rolle. Daher braucht es ein Verständnis dafür, dass psychologische Zusammenhänge Entscheidungen vielfach mitbestimmen. Wenn wir bewusst diesen Kontext mitberücksichtigen, können Entscheidungen tatsächlich tragfähiger und objektiver werden. Das konstruktivistisch-technomorphe Denken hat die Tendenz, analysierend ganz bestimmte Aspekte in den Fokus zu nehmen. Dabei wird gerne der Gesamtkontext einer Situation übersehen, was zur Folge hat, dass unberücksichtigte Aspekte sich unerkannt und verdeckt in das Geschehen einschleichen und Entwicklungen und Entscheidungen unerwünscht mitbestimmen können. In diesem Fall hat man nicht die Situation unter Kontrolle, sondern die Situation hat einen unter Kontrolle und in vielen Fällen merkt man es nicht einmal.

© Christoph Paul Stock | Wien | 2025 | All rights reserved!
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