K O N T A K T

Beschreibung lebensfähiger Systeme in Anlehnung an das Viable System Model (VSM) von Stafford Beer
Gesamte Inhalte: © Dr. Christoph Paul Stock
Das Problem zentraler und planerischer Steuerung
Da wir heute in einer Wissens- und Informationsgesellschaft leben, ist das Wissen und die Information auf viele Ebenen verteilt, das Know-how durch Spezialisierung und arbeitsteilige Segmentierung in unterschiedlichsten Bereichen zu finden und der Wissens- und Informationsfluss dezentral organisiert. Nichts bringt die Verteilung von Wissen und Information stärker zum Ausdruck als das Internet. War man früher auf wenige Kanäle und Leitungen angewiesen, über die das Wissen und die Information fließen konnten, steht heute ein riesiges Netzwerk an Verbindungen zur Verfügung, in dem es kaum zu merken ist, wenn die eine oder andere Leitung einmal ausfällt. Dieses riesige Netzwerk an Verbindungen hat die Gefahr beseitigt, dass Informationskanäle im Notfall nicht zur Verfügung stehen. Gleichzeitig bringt dieses Netzwerk das Problem mit sich, dass falsche, manipulierte oder erfundene Informationen verbreitet werden und Information diffus, unverständlich und irreführend wird.
Das konstruktivistisch-technomorphe Denken ist noch in der alten Idee verhaftet, dass die Dinge zentral gesteuert und über ganz bestimmte Kanäle Wissen, Information, Anleitung und Direktiven weitergegeben werden. Oben in der Hierarchie gibt es die allmächtige und allwissende Führungsgestalt, die den Weg kennt und weiß und die anderen anleitet und sagt, wo es langgeht. Viele Geschäftsführer und Führungskräfte auf hohen Ebenen fühlen sich noch immer wie kleine Aristokraten einer gehobenen Oberschicht, die über das Schicksal anderer zu bestimmen und zu entscheiden haben. Es ist vielfach noch nicht angekommen, dass in einer Wissens- und Informationsgesellschaft Führung nicht nur in den Chefetagen passiert, sondern Menschen sich und andere über fachliche Wissens-, Informations- und Umsetzungskompetenz selbst organisieren und führen. Führung findet nicht nur da oben in der Chefetage, sondern überall im Unternehmen statt und ist oft völlig unabhängig davon, was hierarchische Organigramme zu vermitteln versuchen. Der aktuell immer größer werdende Fachkräftemangel zeigt auf, dass elitäres Führungsdenken ins Abseits führt, weil die verbliebenen Fachkräfte dorthin gehen, wo moderne Führungsarbeit erfolgt und nicht dorthin, wo alte aristokratische Führungsstrukturen sich weiterhin zu behaupten versuchen.
Management erfolgt also durch ein Zusammenspiel vieler kompetenter Arbeitskräfte auf praktisch allen Ebenen eines Systems. Zweifelsohne kann ein Unternehmen nicht überleben, wenn die operativen Einheiten einfach das machen, was sie aus ihrer lokalen Perspektive heraus als das Richtige empfinden. Die lokalen Einheiten würden sich auseinanderentwickeln. Ihr Zusammenhalt wäre gefährdet. Diesen Zusammenhalt gewährleisten aber Organisation und Struktur in einem funktionalen Sinn und nicht ein Denken, das seine persönliche Bedeutung von der eigenen Position ableitet. Jenseits des konstruktivistisch-technomorphen Ansatzes entfaltet sich Macht nicht aus der Position einer Führungskraft, sondern aus der Funktionalität ihres Handelns, das die Dinge koordiniert, optimiert, adaptiert und integriert. Die Macht operativ zu handeln, bleibt bei den operativen Bereichen, die Macht, das Unternehmen in seiner Gesamtheit zusammenzuhalten und effektiv zu machen, bleibt beim Management. Dabei ist Führung keine Position, sondern eine Funktion, die nicht besser und höher gestellt ist, sondern eine ganz besondere ihr eigene Rolle und Aufgabe in der Unternehmung hat. Das hat mit Aristokratie nichts zu tun. Das hat schlicht mit Organisation zu tun.