top of page

Von der objektiven zur non-dualen Erkenntnis

 

Lebensurbild%20Muster5_edited_edited.png

Gesamte Inhalte:

© Dr. Christoph Paul Stock

 

Audio
00:00 / 10:08

DIE ENERGIE DER WANDLUNG

Die Kraft des Urmännlichen – Yang


Das Rätsel des Lebens ist kein Problem, das zu lösen ist, sondern eine Wirklichkeit, die es zu erfahren gilt.

Ein Vorgang, der nicht zu verstehen ist, wenn man ihn unterbricht. Wir müssen uns mit dem Strom des Vorgangs bewegen. Wir müssen in ihn eintreten. Wir müssen ihm folgen.


Zitat aus dem Film DUNE (2021)[i]

Abbildung 6
Grafik-Design: © bei Christoph Paul Stock

Das Leben ist in einem ständigen Wandel. Es bewegt sich unaufhörlich und stetig weiter wie das Wasser. Es fließt im Fluss und dann im Strom dem Ozean entgegen, mündet in die riesigen Wassermassen der Meere, wird umgewälzt in den gigantischen Meeresströmungen, steigt auf in die Atmosphäre, bildet Nebel und Wolken, fällt vom Himmel als Niederschlag zurück auf die Erde, wo es sich langsam sammelt und zu Rinnsalen, dann kleinen Bächen und schließlich wieder zu einem Fluss wird.

 

Die Perfektion hinter sich lassen:

Was diese Energie des Wandels konkret in unserem Leben bedeuten kann, war mir lange nicht bewusst. Als jungen Menschen hat mir meine Familie eingeredet und beigebracht, dass das Erreichen konkreter Ziele und das Erringen von Erfolg und Anerkennung im Sinne der Gesellschaft die größten und wichtigsten Dinge sind, weil dieses Streben einen aus den Mühen und dem Unbill des Lebens befreie und Glück und Wohlstand bringe. Man erklärte mir, dass es entscheidend sei, die richtige Schule zu besuchen, die richtigen Freunde und den richtigen Gesellschaftsumgang zu haben, das zu studieren, was der Vater schon studiert hatte, um dessen Firma zu übernehmen und so ein materiell abgesichertes, angstfreies und erfolgreiches Leben zu führen. Ich habe ihren Argumenten vertraut, weil sie vernünftig und logisch klangen, und habe mich ihrer Manipulation hingegeben, weil ich hoffte, ihre Anerkennung und Unterstützung zu bekommen. Ich habe mich sehr angestrengt, um diesen Ansprüchen und Anforderungen gerecht zu werden und das Ziel zu erreichen. Als ich dann einen wichtigen Etappenerfolg mit dem Abschluss meines Studiums auf diesem Weg erreicht hatte, passierte etwas, das ich in meinem Inneren immer schon ein wenig geahnt hatte, mit dessen Heftigkeit ich aber niemals gerechnet hätte. Bei meiner Studienabschlussfeier schlugen mir von den anderen unerwartete massiv negative Energien entgegen. Da waren Ängste, etwas versäumt zu haben, Sorgen, nicht das zu bekommen, was man sich wünscht, Furcht vor Konkurrenz und Entmachtung und Selbstzweifel, es selbst nicht schaffen zu können. Das Psychodrama einer ganzen Familie breitete sich in einem Schwall destruktiver Energien aus und wurde auf diesen Studienerfolg projiziert. Gerade jene Menschen, die mir eingeredet hatten, diesen Weg zu beschreiten, konnten sich mit mir in keiner Weise freuen. Ich dachte, dass es mir gut ergehen würde, wenn ich mein Studienziel erreicht hätte. Ich glaubte an Glück und Erfüllung. Doch es trat mir etwas entgegen, das ich im ersten Moment überhaupt nicht einordnen und verstehen konnte und dessen innere Bedeutung sich mir erst langsam durch eine intensive und jahrelange Reflexion erschloss.

 

Mein Umfeld hatte mir erfolgreich eingeredet, dass man das Leben selbst steuern, verbessern und perfektionieren kann, um schließlich den errungenen Erfolg als Status genießen und besitzen zu können. Es ging darum, die eigene Agenda um jeden Preis durchzusetzen und in diesem Sinn zu gewinnen. Doch mit der Zeit wurde mir klar, dass diese Idee von einem erfüllten statischen Leben, das wie die Fotografie einer heilen Welt festgehalten wird, tot, oberflächlich und scheinheilig ist. Es ist verführerisch, weil ein solches Bild so makellos und vorhersagbar erscheint. Doch das Leben ist weder makellos noch perfekt. Es ist wild und ungezähmt, niemand weiß, was im nächsten Moment passiert. Es ist und bleibt ein Mysterium, das sich in einem steten Fluss von Ereignissen offenbart und lebendig und hoch kreativ ist. Niemand kann diesen Fluss aufhalten, bändigen oder zähmen. Das wäre so, als wollte man die Eigenbewegung der Erde um ihre Achse stoppen, den Lauf der Planenten um die Sonne verändern oder die Bewegung des Sonnensystems um das Zentrum der Galaxie anhalten. Das Leben ist eine Kaskade an Ereignissen, die in einen nicht endenden Prozess münden. Entweder folgen wir diesem Prozess oder wir tun es eben nicht. Das ist es, was unser Schicksal gestaltet. Das ist es auch, was über unsere mentale Gesundheit bestimmt. Wenn wir uns an Idealbilder des Erfolges und des Gewinnes binden, verlieren wir den Sinn für andere Möglichkeiten, die das Leben bietet. Das bedeutet einen gewaltigen Verlust. Im Sinn östlicher Weisheitslehren binden wir uns an die Vergangenheit, sind besessen von unseren eigenen Ideen, Vorstellungen und Wünschen, die zum Quell großen Leidens werden. Wir verlieren die Verbindung zu jenen Kräften, die größer sind als wir selbst.

 

Mit der Welle unterwegs sein:

Der Wandel ist unvermeidbar. Es gibt kein endgültiges Ziel, das zu erreichen wäre. Der Weg und der Prozess sind das Ziel. Eine Welt, in der es keine beschwerlichen Momente und Situation gibt, ist eine Illusion. Die oben beschriebenen Versprechen sind nicht real. Das Leben kennt Probleme, Schmerz und Leiden, es kennt aber auch Freude, Glück und Kreativität. Wir können uns darauf vorbereiten und müssen lernen, damit umzugehen. Es gibt kein Endziel, das zu erreichen wäre. Das in unseren Köpfen erfundene Ideal einer sicheren und beständigen Welt existiert nicht, es ist eine Illusion. Real ist das, was uns jeden Tag existenziell begegnet. Das Leben spricht mit uns durch die Ereignisse, die wir erfahren und erleben. Wir können viele Dinge des praktischen Lebens durch Logik und Vernunft einordnen, gestalten und bewältigen. Doch der existenzielle Lebensfluss hält sich nicht an unsere Logik und Vernunft. Er überspült unser kleines Wissen über die Welt und das Universum und fordert uns auf, seinen Wellengang zu erspüren und in ihm mitzuschwimmen.

 

Dieser Wellengang kann uns verunsichern, ängstigen und erschüttern. Doch wenn wir schwierige oder negative Ereignisse nicht nur mit der Brille unserer Vernunft und dem Messstock unserer Logik betrachten, sondern lernen, in den Ereignissen mit einer hohen Achtsamkeit und geschärften Wahrnehmung zu lesen, können wir mit ausreichender Disziplin, Geduld und Demut Zusammenhänge erkennen, die Bedeutung und Sinn ergeben. Dafür gibt es niemals eine Garantie, aber es besteht die Chance. Wenn man diese Chance, ein Ereignis zu verstehen, ergreift, können auch widersinnige und schwierige Ereignisse zu Wachstum und Weiterentwicklung führen.

 

Den Schmerz bewusst auf sich nehmen:

Dieser ständige Wandel des Lebens macht uns eine weitere Dimension des Lebens bewusst. Wir können uns in einer bestimmten Lebensform nicht dauerhaft einrichten. Wir haben alle in uns eine gewisse Trägheit, ein Bedürfnis, zu verbleiben, es uns wohlig angenehm zu machen. Sich stetig wieder auf den Weg zu machen, ist beschwerlich, unangenehm und in nicht wenigen Fällen wirklich schmerzhaft. Es ist ein wenig so wie mit einem großen Zug, der im Bahnhof steht. Es braucht viel Energie, um den Zug ins Rollen zu bringen. Beim Anfahren ist der Zug in seiner Bewegung alles andere als leichtläufig. Das Fahrgestellt quietscht, die Puffer zwischen den Waggonen kreischen, die Bewegung der Räder ist schwerfällig und behäbig. Die Überwindung der Trägheit beim Anfahren tut in den Ohren weh. Doch wenn der Zug einmal Fahrt aufgenommen hat, rollt er mit Leichtigkeit und ganz geringem Widerstand über die Gleise hinweg. Der rhythmische Klang der Räder, die über die Schienenstöße gleiten, vermitteln die beschwingte Kraft der Bewegung. Einen schweren Zug in voller Fahrt kann so schnell nichts stoppen.


Die Energie des Wandels fordert uns auf, in jenen Bereichen aktiv zu werden, in denen wir es vermeiden, uns zu bewegen. Das sind meistens Bereiche, die für uns sehr schmerzhaft und unangenehm sind. Hier laufen wir Gefahr, uns in unserer Komfortzone einzurichten. Wir sagen uns, dass die Konsequenzen eines Nicht-Tuns vielleicht gar nie eintreten werden oder wenn erst in sehr langer Zeit. Doch eine solche Trägheit und Prokrastination bewirken, dass sich der Lebensfluss aus unserem Leben hinausbewegt und wir unser Leben nicht in jenem Umfang und jener Tiefe leben, die möglich wären. Wir versäumen unser Leben. Im schlimmsten Fall gehen wir an unserem Leben vorbei. Daher müssen wir uns immer wieder aufraffen und uns mit der Energie des Wandels verbinden, indem wir den Schmerz der Trägheitsüberwindung tapfer auf uns nehmen, fast schon wie eine Kriegerin und ein Krieger, die den Schmerz suchen, und alle Teile unseres Lebenszuges wieder in Bewegung bringen, um dem großen Fluss zu folgen, der voller Kraft und Energie ist und unsere Akkus mit Lebensenergie speist.

Abbildung 7
Inhalt und Grafik-Design: © bei Christoph Paul Stock
[i] PARENT, M. / VILLENEUVE, D. / BOYTER, C. / CARACCIOLO, J. (Produzenten), VILLENEUVE, D. (Regisseure), Warner Bros. Entertainment Inc. (Aufnahmestudio): Dune, Actionfilm, 2021, 01:58:17 – 01:58:47
© Christoph Paul Stock | Wien | 2025 | All rights reserved!
lebensurbild_begriffswolke_6.png
bottom of page