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Ein kurzer Überblick zu den wichtigsten systemischen Fragestellungen

 

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Gesamte Inhalte:

© Dr. Christoph Paul Stock

 

3.1 Die Konstruktion von Systemen


Systeme sind konstruierte Realitäten. Sie sind eine Annäherung an die Realität, bilden aber niemals die Wirklichkeit in ihrer realen Gesamtheit richtig ab. Sie sind und bleiben Landkarten zur Vereinfachung der Komplexität des Lebens, mit deren Hilfe wir versuchen, uns in der Wirklichkeit zurecht zu finden. Daher ist es notwendig, sich immer vor Augen zu halten, dass unsere Erkenntnisse, die unserer eingeschränkten Beobachtung und unserer Deutung entspringen, vorläufig und eventuell auch nur vorübergehend hilfreich sind. Daher macht es Sinn, mit Arbeitshypothesen zu arbeiten, deren Tragfähigkeit immer wieder überprüft und hinterfragt werden muss. Schnell passiert es, dass man Dinge sieht, weil man sie sehen möchte. Schnell vermischt sich eine vergangene Erfahrung mit der aktuellen Einschätzung und verkennt die Unterschiede der beiden Situationen, was häufig zu selbsterfüllenden Prophezeiungen führt. Wir Menschen nutzen in komplexen Situationen gerne Heuristiken, die uns helfen, die Komplexität zu reduzieren, um handlungsfähig zu bleiben. So hilfreich diese Heuristiken auch sein können, so leicht läuft man mit ihrer Hilfe auch Gefahr, Fehleinschätzungen zu machen und Fehlentscheidungen zu treffen.[1]

 

Wie am Beispiel des Universums oben gezeigt, kann man Systeme aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln betrachten und die Vorstellung von ihnen ganz unterschiedlich konstruieren. Eine Sichtweise, die in einem Fall zu einer guten Lösung führt, kann in einem anderen Fall fatale Folgen haben. Eine Reise zum Mars unter Heranziehung des ptolemäischen Weltbildes wird mit Sicherheit scheitern. Daher geht es bei der Entscheidungsfindung darum, immer wieder neue Perspektiven und Sichtweisen zu suchen, die ein neues Licht auf die Thematik werfen und damit nicht problem-, sondern lösungsorientiert sind. Was hilft es, sich endlos Gedanken über die Probleme des ptolemäischen Weltbildes bei einer geplanten Marsreise zu machen, wenn der entscheidende Punkt darin liegt, dass sich die Planeten um die Sonne und nicht die Sonne und Planeten um die Erde drehen.

Dabei darf aber auch nicht übersehen werden, dass es im Problemlösungsprozess nichts nützt, wenn nur bestimmte Beteiligte eine bestimmte oder neue Sichtweise verstehen können, andere Beteiligte, die eine zentrale Rolle bei der Problemlösung spielen, aber keinen Zugang zum Lösungsansatz haben. In einem solchen Fall steht die neue Ressource zur Problemlösung nur eingeschränkt zur Verfügung. Daher muss ressourcenorientiert gearbeitet werden, was konkret bedeutet, dass versucht wird, alle Beteiligte dazu anzuregen, selbst neue Perspektiven zu ergründen und zu finden oder zumindest vorgeschlagene Perspektiven aus der eigenen Perspektive heraus zu durchleuchten, zu bewerten und auszuprobieren. Das verlangt von den Verantwortlichen für die Problemlösung eine große Fähigkeit, den Prozess zielgerichtet und lösungsorientiert so zu steuern, dass sich möglichst alle nach Kräften in den Prozess mit einbringen. Dabei muss darauf verzichtet werden, einfach nur Recht zu haben, die gescheitere, gebildetere, reifere oder was auch immer für eine Person zu sein.


[1] GIGERENZER, G.: Bauchentscheidungen, Die Intelligenz des Unbewussten und die Macht der Intuition, 6. Auflage, Wilhelm Goldmann Verlag, München, 2008, S 117 ff

 

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