
K O N T A K T
Ein kurzer Überblick zu den wichtigsten systemischen Fragestellungen

Gesamte Inhalte:
© Dr. Christoph Paul Stock
3.2 Autopoiese, Perturbation und Autogestion
Grundsätzlich regulieren und steuern sich Systeme im Sinn der Autopoiese selbst. Das bedeutet auch, dass sie gewissermaßen geschlossen sind. Sie stehen zwar in einem Austausch mit der Umwelt, um überleben zu können, haben aber gleichzeitig die Möglichkeit, sich vor Eingriffen von außen abzuschotten. Wer mit Personen zu tun hat, die eine ausgeprägte introvertierte Persönlichkeit haben, weiß, wie schwer es sein kann, diese Menschen zu erreichen oder von ihnen etwas zu erfahren. Man kann nicht einfach die Steuerung übernehmen. Man kann das System grundsätzlich nur durch Perturbation[1] anregen. Das autopoietische System[2] entscheidet dann selbst, ob es im Rahmen seiner Wirklichkeitskonstruktion den gesetzten Impuls aufnimmt und verarbeitet. Daher befindet man sich in einer Art Experimentiermodus und muss versuchen, einen Impuls zu setzen, der das Gegenüber erreichen und bewegen kann. Komplexe Systeme verlangen nach der Fähigkeit, Kräfte des Selbstmanagements zu nutzen. Die Intervention sollte weniger von einem Selbstverständnis des „Ingenieurs- und Macherdenkens“ ausgehen, sondern vielmehr von einer bescheideneren Sichtweise der Einflussnahme auf Einzelpersonen und soziale Einheiten.[3] So wie der Energieeinsatz einer Person, die eine große Maschine steuert, im Vergleich zur Macht und Kontrolle gering ist, die sie mit Hilfe der Maschine zum Einsatz bringt, gilt es zu lernen, stärker über Kommunikation und Information die Abläufe in komplexen Systemen zu steuern als durch direkte Eingriffe und detaillierte Anweisungen.
In komplexen Systemen, die nicht durch einfache mechanische Abläufe, sondern durch einen hoch entwickelten Wissens- und Informationsaustausch bestimmt sind, müssen Menschen lernen, sich im Sinne einer Autogestion verstärkt selbst zu führen und Steueraufgaben zu übernehmen. So herausfordernd dieser Ansatz für Führungskräfte und Entscheidungsverantwortliche auch sein mag, die ein Stück weit Macht und Kontrolle abgeben müssen, so entlastend ist dieser Ansatz in Hinsicht auf die Verantwortungsverteilung und das Ausmaß des eigenen höchstpersönlichen Energieeinsatzes. Gleichzeitig muss aber auch klar sein, dass von Personen, die selbst nicht Führungskräfte sind, übernommene Führungs- und Steuerungsaufgaben entsprechend honoriert werden müssen. Dabei wird es nicht nur um eine finanzielle Abgeltung, sondern besonders auch darum gehen, ausreichend Gehör zu schenken und reale Mitgestaltungsmöglichkeiten zu schaffen.