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© Dr. Christoph Paul Stock
de) Die Transformation der Wertgehalte der Grundrechte in das Privatrecht
Ein möglicher Weg der Transformation wird von der Lehre der “mittelbaren Wirkung” der Grundrechte vorgezeichnet, nach der die Wertungen der Grundrechte über die Generalklauseln des Privatrechts auf das Privatrecht einwirken sollen.
Aber besonders in Deutschland wird der Lehre von der “mittelbaren Wirkung” der Grundrechte[1]) oft vorgeworfen, dass sie in sinnloser Weise, eine unmittelbare Wirkung der Grundrechte durch die Zwischenschaltung der Generalklauseln des Privatrechts verhindere. Es wird behauptet, dass dadurch die Anwendung der Grundrechte nur unnötig erschwert würde.[2])
Eines der Argumente, welches in diesem Zusammenhang häufig hervorgehoben wird, ist die scheinbar zweckwidrige Verwendung der Generalklausel von den “Guten - Sitten”.
Dieses Problem trat bei einer arbeitsrechtlichen Entscheidung des BAG auf, das über die Gültigkeit einer Zölibatsklausel in einem Arbeitsvertrag zu entscheiden hatte.[3]) Hier wurden die begrifflichen Wertvorstellungen “du sollst niemanden wegen seiner Herkunft benachteiligen” oder “du sollst die Berufswünsche deines Arbeitnehmers nicht durchkreuzen”[4]), aus dem Verfassungsrecht orientiert am Grundrecht auf “Schutz der Ehe und Familie” abgeleitet und vom BAG als “sittenwidrig” eingestuft.
An der Entscheidung wurde nun kritisiert, dass es für den Arbeitgeber, der eine Zölibatsklausel in den Arbeitsvertrag aufgenommen hat, eine überflüssige Kränkung darstelle, ihm zunächst sittenwidriges Handeln zu bescheinigen, das dann in der weiteren Begründung mit dem Schutz von Ehe und Familie erläutert wird. “Für den normalen Menschen enthalte ‘Sittenwidrigkeit’[5]) nach wie vor einen starken moralischen Tadel;[6]) dass ‘sittenwidrig’ und ‘treuwidrig’ inzwischen schlicht als ‘ordnungswidrig’ verstanden werden, mag für den abgebrühten Juristen gelten, nicht aber für den, für den die Norm bestimmt ist.”[7]) Es wird weiter erläutert, dass auch dann, wenn die Generalklauseln die “Einfallspforte” für die Grundrechte in das Privatrecht sind, der weitere Weg durch die Grundrechte selbst gewiesen werde. Die Generalklauseln stünden allein da, “nutzlos wie ein einsamer Triumphbogen”[8]). Es werde überhaupt überschätzt, was eine Generalklausel leisten kann.[9])
Wir wollen nun am Beispiel der Generalklausel von den “Guten - Sitten” prüfen, welche Bedeutung in systematischer und inhaltlicher Sicht die Generalklauseln bezüglich der “mittelbaren Wirkung” der Grundrechte in Österreich haben und ob die Generalklauseln als solche ausschließlich Einbruchstellen für Grundrechte in das Privatrecht sind. Anschließend soll auch noch ein Blick auf das Verhältnis zwischen der Klausel von den “Guten - Sitten und der Generalklausel des § 16 ABGB geworfen werden.