
K O N T A K T

Gesamte Inhalte:
© Dr. Christoph Paul Stock
1) Allgemeines
Dieser Konfliktbereich, der immer wieder Anlass zu Unstimmigkeiten im Arbeitsverhältnis gibt, entspringt dem Widerstreit zwischen dem Interesse des Arbeitgebers, eine organisationsbedingt notwendige Überwachung durchzuführen, und dem persönlichkeitsrechtlichen Interesse des Arbeitnehmers im Bereich seiner sprachlichen Persönlichkeitsentfaltung nicht gestört zu werden. Natürlich könnte man hier versuchen, im Zuge einer Analogie vom “Recht am eigenen Bild” auf ein “Recht an der eigenen Stimme”[1]) zu schließen und ein neues besonderes Persönlichkeitsrecht zu entwickeln. Weil es meines Erachtens aber vernünftig und der in dieser Arbeit vertretenen Ansicht des Bestandes eines “allgemeinen Persönlichkeitsrechts” entsprechend ist, sollen die Grenzen des Persönlichkeitsschutzes nicht krampfhaft in der Analogie zum “Recht am eigenen Bild” gesucht werden, sondern im Versuch einer freien Untersuchung der Wertigkeit und Bedeutung der Sprache selbst, in Ansehung ihrer Besonderheit und unterschiedlichen Ausgestaltungsweise. So ist es für jedermann selbstverständlich, dass die Sprache in einem privaten Gespräch völlig anders verwendet und ausgestaltet wird als in einem geschäftlichen Gespräch. Genauso offensichtlich ist es, dass man dann, wenn man sich ungestört insbesondere ungehört glaubt, oftmals in einer anderen Weise eine Konversation betreibt als im gegenteiligen Fall. Sprache gibt eben viel mehr wieder, als nur reine sachliche Information. Auch die Form der Sprache, insbesondere die Melodie, der Tonfall und die Lautstärke der Stimme, ist ein immanent wichtiger Faktor der Konversation allgemein und kann unter Umständen viel mehr aussagen als das rein gesprochene Wort.[2]) Genau darin liegt der schutzwürdige Teilbereich der Persönlichkeit, der die Individualität des Menschen in einem nicht unbeträchtlichen Maß ausmacht. Denn in jeder sprachlichen Fixierung eines Gedankens findet die Persönlichkeit des Verfassers ihren Ausdruck, auch wenn eine Festschreibung der Sprache im Urheberrechtsschutz wegen der besonderen Form ihrer Ausgestaltung nicht möglich ist.[3]) Die Sprache kann natürlich nicht unter allen Umständen geschützt werden, da man dadurch Gefahr laufen würde, ihren eigentlichen kulturellen Wert, nämlich die Möglichkeit der Verständigung, zu beeinträchtigen oder gar zu zerstören. Daher kann ein Schutz nur unter ganz besonderen Voraussetzungen und Gegebenheiten sinnvoll und notwendig sein. Allein darin ist schon die Relativität des Schutzbedarfes der Sprache zu erkennen und klargelegt, dass eine Interessenerhebung und Wertung in den folgenden Problemfällen notwendig sein wird. Die Grenzen des Schutzanspruches der Sprache sollen hier ausfindig gemacht werden. Daher gilt es jetzt, anhand der Maßstäbe, die zur Lösung von persönlichkeitsrechtlichen Problemen in den vorangegangenen Teilen dieser Arbeit entwickelt und besprochen wurden, eine tragbare Lösung zu finden. Zuerst muss die Rechtsordnung durchforstet werden, um diesen besonderen Aspekt des “allgemeinen Persönlichkeitsrechts” im Lichte des bestehenden Rechts inhaltlich auszufüllen. Dann ist das begründete Interesse des Arbeitgebers gegen das rechtlich anzuerkennende Interesse des Arbeitnehmers abzuwägen und die Grenzen der Beschränkbarkeit des Persönlichkeitsrechts zu ziehen. Diese Vorgangsweise wird in diesem Teil der Arbeit überall angewendet werden, soweit nicht ein besonderes Persönlichkeitsrecht durch seine Ausgestaltung im Gesetz eine klare Abgrenzung vorzeichnet.