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© Dr. Christoph Paul Stock

 

2) Der fahrlässig verschuldete Gewissenskonflikt

 

Zwischen einer bewussten Inkaufnahme des Gewissenskonflikts und dessen Unvorhersehbarkeit sind noch Fälle angesiedelt, in denen der Konflikt hätte vorhergesehen werden können. Hier wird überwiegend die Auffassung vertreten, dass der fahrlässig Handelnde keinen Schutz verdient.[1]) Dieses Verschuldenselement ist darin zu sehen, dass man als Arbeitgeber vom künftigen Arbeitnehmer verlangen wird können, dass sich dieser über etwaige mögliche Bedrohungen für seine Gewissensfreiheit aus der Art und Beschaffenheit der Arbeit im Voraus Gedanken macht und Bedenken in dieser Richtung mitteilt.

Versäumt dies der Arbeitnehmer schuldhaft, kann einerseits hierin eine “culpa in contrahendo” gesehen werden, wenn der Vertrag nicht zustande kommt. In diesem Fall hat der Arbeitnehmer den Vertrauensschaden zu ersetzen.[2])

Andererseits muss ein solches Verschulden zu Lasten des Arbeitnehmers gehen, wenn im zustande gekommenen Arbeitsverhältnis Leistungsstörungen aus Gewissensgründen auftreten. Hierbei würde ich noch eine Unterscheidung nach dem Grad der Fahrlässigkeit vornehmen, um bestimmen zu können, welcher Anteil des entstehenden Schadens dem Arbeitnehmer auferlegt werden muss. Soweit ein Ausweichen möglich ist, würde ich selbiges auch bei grober Fahrlässigkeit für den Arbeitgeber für zumutbar erachten, weil man dadurch der Bedeutung des Motivs Gewissen besser gerecht werden kann, als wenn man ein Leistungsverweigerungsrecht des Schuldners ablehnen würde. Zusätzlich kann damit auch dem Rechtsfrieden am ehesten entsprochen werden. Soweit aber nur mehr ein Ausgleich in Betracht kommt, würde ich es für gerecht erachten, bei leichter Fahrlässigkeit den Schuldner für den Vertrauensschaden eintreten zu lassen, weil bei leichter Fahrlässigkeit das Moment der Rücksichtslosigkeit gegenüber den Werten und Gütern anderer Personen gering ist und sich daher eine umfangreiche Zurücksetzung der Arbeitnehmerinteressen schwerlich begründen lässt. Bei einer schweren Sorgfaltswidrigkeit, die also von einem ordentlichen Arbeitnehmer in dieser Situation nicht zu erwarten wäre, würde ich aber  den Arbeitnehmer für den Schaden aus der Nichterfüllung einstehen lassen, weil darin eine gesteigerte Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Interessen zu erkennen ist, die im Konfliktfalle eine starke Zurücksetzung der Arbeitnehmerinteressen rechtfertigen.[3]) Damit wäre die leichte Fahrlässigkeit der Unvorhersehbarkeit eines Konfliktes und die grobe Fahrlässigkeit der bewussten Zurückstellung des Gewissens gleichstellt.


[1]) Bosch u. Habscheid, Vertragspflicht und Gewissenskonflikt, JZ 1954, 215, veränderte Meinung in JZ 1956, 301; Maunz - Dürig - Herzog, Grundgesetz - Kommentar2 (1973) Art 4 Rn 144; Ostheim, Die Weisung des Arbeitgebers als arbeitsrechtliches Problem, in: Verhandlungen des Vierten Österreichischen Juristentages, I/4, 92.
[2]) Koziol - Welser, Grundriss des bürgerlichen Rechts8 I 195 ff.
[3]) vgl III. Teil, 2. Kapitel, C) cd) 3).
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