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Gesamte Inhalte:

© Dr. Christoph Paul Stock

 

B) PERSÖNLICHKEITSEINGRIFFE DURCH VERTRAGLICHE  VEREINBARUNGEN

 

Bisher haben wir uns mit Persönlichkeitsbeschränkungen beschäftigt, die sich aus der Gestaltung und Entwicklung des Arbeitsverhältnisses als Dauerschuldverhältnis ergeben haben. Wir haben uns mit arbeits- und organisationsbedingten Weisungen auseinandergesetzt, die nur implizit ihre Rechtsgrundlage im Arbeitsvertrag haben. Hier sollen nun Probleme untersucht werden, die sich direkt und ausdrücklich, sei es auch nur in Form von Nebenabreden, aus dem Arbeitsvertrag ergeben. “Angesichts des voluntaristischen Prinzips besteht hier in besonders hohem Maß die Gefahr, dass große Teile des Privatlebens des Arbeitnehmers an die dienstlichen Erfordernisse ‘angepasst’ werden, um die Einsatzbereitschaft von möglichen privaten Störungen zu verschonen.”[1]) Typische Vereinbarungen in diese Richtung sind Zölibatsklauseln, in denen sich der Arbeitnehmer verpflichtet, während des aufrechten Bestandes des Arbeitsverhältnisses nicht zu heiraten, die Verpflichtung von Arbeitnehmerinnen, während des Arbeitsverhältnisses keine Kinder zu bekommen oder im Falle einer Schwangerschaft aus dem Arbeitsverhältnis auszuscheiden. Auch Verpflichtungen, wie die Selbsteinschränkung bei privaten Vergnügen oder die Unterlassung eine politische Meinung zu vertreten, die der Ansicht des Arbeitgebers nicht entspricht, gehören hierher.

Soweit diese Vereinbarungen nur dazu dienen, arbeitsrechtliche Schutzvorschriften zu umgehen, stellen sie rechtlich kein besonderes Problem dar. In diesen Fällen handelt es sich um Umgehungsgeschäfte, die entweder als sittenwidrig anzusehen sind, oder ohnehin von einer gesetzlichen Nichtigkeit betroffen sind.[2])

Wie schon mehrfach ausgeführt, ist aber die Sittenwidrigkeit enger als der Persönlichkeitsschutz. Daher müssen die Grenzen der vertraglichen Persönlichkeitsbindung auch diesseits absolut verwerflicher Rechtshandlungen[3]) untersucht werden.

Im Vordergrund steht bei diesen Untersuchungen nicht eine Interessenabwägung, sondern die Beurteilung, ob das Persönlichkeitsrecht disponibel ist, also ob vom Arbeitnehmer als Träger des Persönlichkeitsrechtes auf selbiges durch Einwilligung verzichtet werden kann. Es steht jeweils die Frage im Raum, wieweit das Bestimmungsrecht über sich selbst, im Rahmen unserer Kulturauffassung und unseres sittlichen Bewusstseins, besteht und wo dessen Grenzen liegen.


[1]) Schnorr, Erfüllung arbeitsvertraglicher Pflichten und Persönlichkeitsschutz des Arbeitnehmers, in FS - Strasser 120.
[2]) Otto, Personale Freiheit 101 ff; Schnorr, Erfüllung arbeitsvertraglicher Pflichten und Persönlichkeitsschutz des Arbeitnehmers, in FS - Strasser 121.
[3]) Zum subjektiven Tatbestand der Sittenwidrigkeit: Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht1 II 209 f.
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