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Beschreibung lebensfähiger Systeme in Anlehnung an das Viable System Model  (VSM) von Stafford Beer

 

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Gesamte Inhalte: © Dr. Christoph Paul Stock

 

Die Glorifizierung der menschlichen Schöpfung

 

Neben dem unlauteren Wettbewerb, der uns immer wieder schadet, gibt es noch einen anderen wichtigen Aspekt, der im linearen Denken oft zu vermissen ist. Das Leben und die menschliche Existenz kennen viele Bereiche, in denen ein gesunder Wettbewerb einfach nicht möglich ist. Hier lassen sich faire Wettbewerbsbedingungen nicht herstellen. Vielfach fehlt einfach auch ein Markt, in dem ein fairer Wettbewerb stattfinden könnte. Dort wo Dinge reproduziert, neu geschaffen und aufgebaut oder mit ihrer Vergänglichkeit konstruktiv und menschlich umgegangen werden muss, kann das klassische Wirtschaftsparadigma nicht funktionieren. Ein Vater, der mit seinen Kindern ständig konkurriert, versteht nicht, dass er in keinem Wettbewerb mit seinen Kindern steht. Sie brauchen nicht Konkurrenz, sondern Förderung und Forderung, damit sie gesund groß werden können. In vielen sozialen Zusammenhängen geht es nicht darum, zu gewinnen, sondern durch soziale Kooperation und Interaktion etwas gemeinsam zu erreichen, zu schaffen oder zu bewältigen. Die Behandlung, Pflege, Unterstützung von Menschen in sozial schwierigen Lebenslagen ist nicht primär eine wirtschaftliche, sondern eine soziale oft auch caritative und solidarische Aufgabe. Wirtschaftliche Überlegungen spielen eine Rolle, sind aber nicht der zentrale Steuerungsfaktor. Hier geht es nicht darum, zu gewinnen, sondern darum, das Leben zu bewältigen. Im reproduktiven Bereich steht nicht eine lineare Zielerreichung im Vordergrund, sondern ein Denken in Kreisläufen, ein Denken, das versteht, dass Leben geboren wird und auch wieder sterben muss. Geburt, Heranwachsen, Vergehen und Sterben sind kein linearer Prozess. Aus diesem Grund kann ein lineares Denken hier auch nicht die richtige Steuerung mit sich bringen. Hier geht es nicht um Konstruktion und Dekonstruktion, hier geht es auch nicht um technische Fragen. Hier müssen wir uns in besonderer Weise jenen Aspekten zuwenden, die nicht vom Menschen geschaffen, sondern vom Menschen vorgefunden werden. Wir werden in besonderer Art und Weise auf unser Sein zurückgeworfen, das uns vom Leben gegeben ist. Hier sind wir nicht wirkmächtiger Akteur und Schöpfer, sondern Geschöpf in einer uns gegebenen Welt. Konstruktivistisch-technomorphes Denken will sich oft über diese unabänderliche Realität hinwegsetzen. Nur so kann es verstanden werden, wenn unsere Gesellschaft Löhne und Gehälter im produzierenden und primär von menschlichen Aktionen gesteuerten Bereichen unverhältnismäßig weit höher ansetzt als in den reproduzierenden bzw. regenerativen Bereichen des Lebens. Wir achten und messen offensichtlich unsere eigenen Schöpfungen weit mehr Bedeutung zu als jenen, die wir vorfinden und die uns als Grundlage unseres Lebens dienen. Wir sollten uns vielleicht fragen, ob das angemessen und richtig ist. Das Leben reproduziert und regeneriert sich seit unzähligen Millionen Jahren und entwickelt sich dabei ständig fort. Wenn wir so weitermachen wie bisher, werden wir unsere Zivilisation innerhalb weniger Jahrzehnte ausgelöscht haben. Wir sollten vielleicht unsere Wertmaßstäbe überdenken. Nicht weil das Leben so genial ist, das ist es ohnehin. Sondern damit wir unser eigenes Überleben und unsere Lebensfähigkeit sichern können.

© Christoph Paul Stock | Wien | 2025 | All rights reserved!
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