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Gesamte Inhalte:

© Dr. Christoph Paul Stock

 

ba) Abgrenzung aus der Natur des Persönlichkeitsgutes

 

In einem gewissen Umfang wird das “allgemeine Persönlichkeitsrecht” durch den Grundrechtskatalog umschrieben. Doch begrenzt die Zweckbezogenheit auf das besondere Machtverhältnis zwischen Bürger und Staat und die zum Teil unvollkommene Konzipierung der Grundrechte die Einsichtsmöglichkeit in alle Nuancen der Persönlichkeit. Die “besonderen Persönlichkeitsrechte” umschreiben wiederum nur einige wenige sehr häufig auftretende Tatbestände, bei denen ein Persönlichkeitsgut zu schützen ist. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit auf andere Abgrenzungskriterien zurückzugreifen.

§ 16 ABGB verweist mit dem Begriff der “angeborenen, schon durch die Vernunft einleuchtenden Rechte” auf die Natur und das Wesen der menschlichen Persönlichkeit. Daher muss vorerst zur Festlegung und Abgrenzung des Persönlichkeitsrechts auf anthropologische und soziologische Betrachtungen eingegangen werden. Wie oben beschrieben, ergibt sich hieraus die bedeutende Einsicht, dass die Persönlichkeit aus mehreren Seinsschichten besteht und zahlreiche Güter und Kräfte in sich vereinigt.[1])

In einem konkreten Verletzungsfall wird nicht die Gesamtpersönlichkeit betroffen sein, sondern meist nur eine bestimmte Seite, also einzelne Werte und Güter der Persönlichkeit. Da eine Verletzung der Gesamtpersönlichkeit ohne Zweifel um Vieles stärker wiegen wird wie die Verletzung nur einzelner Nuancen der Persönlichkeit und die verschiedenen Werte und Güter der Persönlichkeit auch unterschiedliche Gewichtungen haben, ist es notwendig, die verletzte Persönlichkeitsschicht zu ermitteln und festzustellen, wie sehr der “Kernbereich” der Gesamtpersönlichkeit getroffen ist. Handelt es sich um eine rechtlich noch nie behandelte Verletzung der Persönlichkeit und kann diese nicht durch einen Begriff benannt werden, so ist diese zumindest zu umschreiben.

Es muss zugegeben werden, dass man sich hier in den Nahbereich “gesetzesübersteigender” Rechtsfortbildung begeben wird müssen, um handfeste Ergebnisse erreichen zu können. Doch erscheint es nicht zielführend, in einem von Veränderungen so stark beeinflussten Rechtsbereich auf ein “geschlossenes Rechtssystem” zu setzen, das den Anspruch erhebt, auf jede denkbare Rechtsfrage eine Antwort zu wissen.[2])

Das ABGB stellt in der Bestimmung des § 17 die Vermutung auf, dass “angeborene natürliche Rechte angemessen” sind, solange nicht “gesetzmäßige Beschränkungen” bewiesen werden. Wenn also ein Eingriff gegen einen Teilbereich der Gesamtpersönlichkeit erfolgt, ist zu prüfen, “ob dieser Eingriff von der Sache her rechtlich gerechtfertigt, ob er also sachadäquat ist”[3]). Zusätzlich enthält § 17 ABGB eine Beweislastumkehr: “Nicht derjenige, in dessen Persönlichkeitsrecht eingegriffen wird, hat die Unzulässigkeit des Eingriffs zu beweisen, sondern derjenige ist für die Erlaubtheit des Eingriffs beweispflichtig, der diesen vornimmt.”[4]) Damit bleibt jedem Rechtssuchenden, der sich in seiner Persönlichkeit verletzt fühlt, diese Verletzung aber keiner Begrifflichkeit im positiven Recht entspricht, von der Gefahr eines schwer zu erbringenden Beweises unberührt. Eine Bestimmung, die die Hoffnung der Weiterentwicklung des “allgemeinen Persönlichkeitsrechts” in sich trägt!


[1]) Hubmann, Das Prsönlichkeitsrecht2, 156.
[2]) Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft4, 157.
[3]) Schnorr, Erfüllung arbeitsrechtlicher Pflichten und Persönlichkeitsschutz des Arbeitnehmers, in FS - Strasser 109.
[4]) Schnorr, Erfüllung arbeitsrechtlicher Pflichten und Persönlichkeitsschutz des Arbeitnehmers, in FS - Strasser 109.
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