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Gesamte Inhalte:

© Dr. Christoph Paul Stock

 

1) Die fehlende Sachbindung von Interessen

 

Diese Vorzugstendenzen müssen aus dem Gesetz entnommen werden, dass zwar nicht jeden Einzelfall regelt, aber die Sachbindung der Interessen und den ihnen zukommenden Achtungsanspruch widerspiegelt. Es gilt also jegliches Interesse aus der rechtlichen Betrachtung auszuscheiden, das nicht durch den Sachverhalt selbst berührt und zur Geltung gebracht wird.

Der Zweck eines Gesetzes bestimmt in erster Linie, ob ein bestimmtes Belangen betroffen ist oder nicht. Es lässt in vielen Fällen erkennen, dass ein gewisses Interesse unberücksichtigt bleiben soll. So bestimmt Art 7 Abs 1 B-VG, dass es keine “Vorrechte der Geburt, des Geschlechts, des Standes, der Klasse und des Bekenntnisses” gibt.[1]) Aus den Bestimmungen über den Kauf (§§ 1053 ff) lässt sich erkennen, dass auf soziale Gesichtspunkte insb die Gefahr einer Überschuldung keine Rücksicht genommen werden soll. Hingegen versucht das Konsumentenschutzgesetz in den §§ 16 ff gerade dieses Interesse des Konsumenten durch Spezialregelungen zu schützen. Ein besonders krasses Beispiel, in dem sich der Gesetzgeber für ein bestimmtes Interesse ausspricht, ist in der Bestimmung des § 367 ABGB zu sehen. Hier wird beim gutgläubigen Erwerb des Nichtberechtigten das Interesse des bisherigen Eigentümers an der Sache für unbedeutend erklärt und das Interesse des gutgläubigen Erwerbers in vollem Umfang befriedigt.[2]) In diesen Fällen ist eine Interessenabwägung nicht notwendig, weil das Gesetz die durch den Sachverhalt bestimmten und zu berücksichtigenden Interessen klar umschreibt und ihre Bevorzugung bzw Benachteiligung klar regelt. Dort wo der Gesetzgeber aber zB Generalklauseln[3]) verwendet oder in Bereichen wo klare Anweisungen über die zu beachtenden Interessen fehlen, hat der Richter die Grenzen des Sachverhalts sehr genau abzustecken, um berücksichtigungswürdige Interessen von sachfremden, im konkreten Fall unbedeutenden Interessen, zu trennen. Es kommt auch einem sehr wertvollem Interesse kein Gewicht zu, wenn es in sachfremder Weise herangezogen wird. So kann zB eine die Tatsachen verfälschende Darstellung einer Person in einem Roman nicht damit gerechtfertigt werden, dass hier dem historischen Interesse an der Person Genüge getan werden soll. Dies geht am Sachverhalt vorbei, weil durch eine falsche Information in Wirklichkeit kein Informationsinteresse befriedigt werden kann.[4]) Gleiches gilt für unwahre Berichte in der Presse. Hier kann man sich auch nicht auf das Informationsinteresse der Öffentlichkeit berufen, weil die Öffentlichkeit etwas Wahres erfahren möchte und darin ihr Interesse gelegen ist.[5]) Es muss auch zB davon ausgegangen werden, dass sich Kritik künstlerischer wie wissenschaftlicher Leistungen auf sachliche Gründe beschränkt.

Aus all dem hier ausgeführten kann abgeleitet werden, dass die Sachwidrigkeit den Achtungsanspruch von Werten hemmt.


[1]) vgl dazu auch: Art 14 MRK und Art 3 Abs III GG, die beide eine Benachteiligung oder eine Bevorzugung wegen des Geschlechts, der Abstammung, der Rasse, der Sprache, der Heimat und Herkunft, des Glaubens sowie religiöser und politischer Anschauung verbieten; weitere Beispiele bieten der § 37 ArbVG, der feststellt, dass die Ausübung betriebsverfassungsrechtlicher Befugnisse niemals ein sachliches Kriterium für eine Benachteiligung ist oder das Gleichbehandlungsgesetz, das eine Bevorzugung oder eine Benachteiligung wegen des Geschlechtes zu verhindern sucht.
[2]) dazu Bydlinkski, Der Inhalt des guten Glaubens beim Erwerb vom Vertrauensmann des Eigentümers, JBl 1967, 355; Kreller, Inhalt und Ausschluss des guten Glaubens beim Rechtserwerb, ÖJZ 1951, 105; Reischauer, Willensmängel, Geschäftsfähigkeit und unwirksame Veräußerung als Problem des Anvertrauens (§ 367 ABGB), JBl 1973, 589; Wellspacher, Das Vertrauen auf äußere Tatbestände (1906).
[3]) Krejci in Rummel, Kommentar zum ABGB2 I, Rz 55 zu § 879; vgl weiters JBl 1956, 121; Arb 7426; 8703; 10.447; JBl 1966, 364; 1972, 200; EvBl 1976/9; 1980/117; SZ 54/182.
[4]) OGH in SZ 35/22; 28/205; 28/77; vgl auch Doralt, Der Schutz des Lebensbildes, ÖJZ 1973, 645 ff (650); BVerfGE 30, 173; vgl zu diesem Problemkreis auch BVerfGE 12, 113.
[5]) Hubmann, Das Persönlichkeitsrecht2, 164; BGHZ 31, 318; 39, 128; BGH in NJW 65, 686; BVerfGE 12, 130.
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