
K O N T A K T

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© Dr. Christoph Paul Stock
5) Interessenintensität
Eine weitere Vorzugstendenz, die sich aus dem Sachverhalt ableiten lässt, ist die Interessenintensität. “Je intensiver ein Gut betroffen wird, desto schwerer ist seine Beeinträchtigung zu rechtfertigen.”[1]) Dieser Gedanke spiegelt sich in den Grundrechten wieder, die heute insb vor Eingriffen durch die Gesetzgebung geschützt werden müssen. Ihr Wesensgehalt darf nicht durch die Ausnützung etwaiger Gesetzesvorbehalte angetastet werden.[2]) Jedem Grundrecht muss ein unangetasteter Kernbereich verbleiben, der dem Anspruch des Menschen auf Freiheit gerecht wird. Wird in diesen Kernbereich eingegriffen, ist durch die Angriffsintensität der letzte und höchste Achtungsanspruch des geschützten Rechts verletzt.[3])
Ein gutes Beispiel bietet auch die Frage nach der Wahrnehmung berechtigter Interessen durch die Presse bei Eingriffen in die Ehre und in die Privatsphäre von Personen.
Es ist hier besonders zu berücksichtigen, dass der Eingriff in den Ehr- bzw Privatbereich einer Person sehr schwer wiegt, also eine hohe Intensität aufweist, weil die Presse in der Lage ist, weite Kreise der Bevölkerung zu erreichen und ohne Zweifel festzustellen ist, dass die meisten Leser zu einer kritischen Nachprüfung und Würdigung nicht in der Lage sind.[4]) Zusätzlich steigert sich die Intensität des Eingriffs je nach Motivationsanlass der Berichterstattung. Die Skala reicht hier von einer qualitativen Berichterstattung über einen normalen Informationsbeitrag hin zu dem lediglichen Interesse der Bedürfnisdeckung für den Unterhaltungsbedarf und die Sensationsgier.[5]) So wird bei einem Unterhaltungs- bzw Sensationsinteresses der Presse das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen wohl immer verletzt sein, weil es an einer entsprechenden Intensität des Informationsinteresses einfach mangelt. Bei einer normalen Berichterstattung wird hingegen eine Verletzung der Privatsphäre eher nicht so leicht anzunehmen sein. Hier bedarf es dann einer genauen Abwägung der aufeinanderprallenden Intensitäten der widerstreitenden Interessen. Eingriffe in die Privatsphäre werden aber eher weniger anzunehmen sein, wie Verletzungen der Ehre. Ohne Zweifel ist aber ein besonders qualifiziertes Informationsinteresse bei schweren Ehrverletzungen und bei Eingriffen in die Privatsphäre erforderlich.[6])