
K O N T A K T

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© Dr. Christoph Paul Stock
2) Ausgleichsprinzip
Leider ist ein Ausweichen nicht immer möglich! Dann stehen sich die widerstreitenden Interessen in einem unausweichlichem Konflikt gegenüber, der nur durch eine verhältnismäßige Zurücksetzung oder Beschränkung eines der Interessen gelöst werden kann. In der Lösung solcher Konflikte liegt eigentlich der tiefere Sinn der Rechtsordnung. Schon die Regelungen des Vertragsrechts, das vorrangig auf das Prinzip der Vertragsparität ausgerichtet ist, hat den Sinn, auf Grund freien Entschlusses der Parteien durch beiderseitige Mäßigung, einen echten Interessenausgleich herbeizuführen. “Aber auch die gesetzlichen Normen zielen vielfach darauf ab, durch Beschränkungen der widerstreitenden Bestrebungen und Bedürfnisse ihr Nebeneinanderbestehen oder ihre anteilmäßige Befriedigung zu ermöglichen.”[1])
Wird zB die Leistung bei einer Auslobung von zwei Personen gleichzeitig erbracht, ist der Lohn zu teilen (§ 860b ABGB.[2]) Ein weiteres Beispiel kann aus dem Eherecht angeführt werden. Hier ordnet der § 94 EheG – Aufteilungsgrundsätze bei der Ehescheidung – Ausgleichszahlungen an, wenn eine gerechte Verteilung des Gebrauchsvermögens und der Ersparnisse durch Sachzuteilung nicht möglich ist. Dies ist oft der Fall bei Einfamilienhäusern, deren Vermögenswert so hoch ist, dass er durch Zuweisung sonstiger Sachen nicht aufgewogen werden kann.
Schließlich darf als einer der Hauptanwendungsfälle des Ausgleichsprinzip der gerichtliche Ausgleich erwähnt werden. Ist der Schuldner zahlungsunfähig, so dass keine Aussicht darauf besteht, dass alle Gläubiger im Wege der Einzelvollstreckung volle Befriedigung erlangen können, kann der Schuldner einen Antrag auf Eröffnung des Ausgleichsverfahrens stellen. Im Ausgleichsverfahren wird ein Teil der Forderungen der Gläubiger anteilsmäßig getilgt. Durch die anteilsmäßige Tilgung erfolgt ein Ausgleich zwischen den Gläubigern selbst und zwischen den Gläubigern und dem Schuldner. Dem Grunde nach kommt das Ausgleichsprinzip auch im Konkursverfahren in der anteiligen Befriedigung der Gläubiger zum Ausdruck.[3])