
K O N T A K T

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© Dr. Christoph Paul Stock
5) Die “objektiv - sittliche” Wertordnung und die “mittelbare Wirkung” der Grundrechte
Immer wieder werden die Grundrechte mit dem Begriff der “objektiv - sittlichen” Wertordnung in Verbindung gebracht. Dies ist deshalb berechtigt, weil die im letzten Jahrhundert hart erkämpften Grundrechte den Meilenstein zur Entwicklung und Funktion unseres demokratischen Staatswesens schlechthin darstellen. Daher müssen auch Grundsätze und Prinzipien in ihnen enthalten sein, die unser Verständnis von Staat und Recht, von Sitte und Moral zu einer Wertordnung zusammenfügen. Mit dem Begriff “objektiv - sittliche” Wertordnung ist aber immer auch ein Bezug zu den “natürlichen Rechtsgrundsätzen” gegeben. Denn die Gesetzgebung und in der anwendenden Form die Rechtsprechung sind immer gehalten, sich so nahe und im Konfliktfalle so ausgleichend wie möglich am Gerechtigkeitsverständnis der gegenwärtigen Gesellschaft zu orientieren. Dies kann am ehesten durch die Anwendung der “natürlichen Rechtsgrundsätze” im oben beschriebenen Sinne erreicht werden. Die “natürlichen Rechtsgrundsätze” machen an den Grenzen des bürgerlichen Rechts nicht halt, was weder aus der Bestimmung des § 7 ABGB noch aus einer teleologischen Sicht abzuleiten wäre, und erstrecken sich damit über den ganzen Rechtsbereich und die Gesamtheit der Wertvorstellungen des sozialen Lebens. Diese schließen ohne Zweifel auch die Normen des Verfassungsrechts ein und lassen damit die Grundrechte über die “natürlichen Rechtsgrundsätze” auf das Privatrecht mittelbar einwirken.
Diese “natürlichen Rechtsgrundsätze” entfalten überall dort Wirkung, wo es gilt, ungeschriebenes Recht zu konkretisieren, weil weder durch Auslegung noch durch Analogie eine vorhandene planwidrige Rechtslücke ausgefüllt werden kann.
Dies ist bei der Klausel von den “Guten - Sitten” genauso der Fall, wie beim “allgemeinen Persönlichkeitsrecht” des § 16 ABGB und allen anderen Generalklauseln sowie im Bereich von Rechtslücken im Naheverhältnis zu konkreten positiven Bestimmungen.
Dies bedeutet, dass die Grundrechte auf das Privatrecht über die “natürlichen Rechtsgrundsätze”, die aus dem gesamten Recht abzuleiten sind, einwirken. Die “natürlichen Rechtsgrundsätze” selbst haben wiederum besondere Bedeutung für die Ausfüllung von Generalklauseln, kommen aber auch sonst bei der Auslegung und Lückenfüllung zur Anwendung.